Dienstag, 30. Juni 2009

Unna-Massen verlassen


Das war's. Ende Gelände. Unna-Massen ist Geschichte.

Heute macht die Aufnahmestelle für Aussiedler, Zuwanderer und Flüchtlinge im westfälischen Unna-Stadtteil Massen dicht. Wie bei vielen anderen Aussiedlern und Ausländern (insgesamt 2,5 Mio.!) gehört auch zu meiner Migrationsgeschichte ein intensives Stückchen Unna-Massen.

1975 landeten wir in Friedland, dann verbrachten meine Eltern mit ihren 8 Kindern 6 Monate im "Massen-Lager", bis sie dann in eine Sozialwohnung in Siegburg zogen. In Unna-Massen habe ich angefangen Deutsch und Russisch zu lernen: Deutsch in der ersten Klasse (mit Herrn Psichon?) und mit viel Mickey Maus und Donald Duck, Russisch "Auf der Tüte" so nebenbei, inklusive Fluchwörter. Neulich sagte mir jemand: Unna-Massen kannst du hassen, aber nicht verlassen. Für mich selbst stimmt der erste Teil nicht so recht. Der zweite irgendwie schon. Auch wenn dieses Aufnahmelager jetzt die Tore schließt...

Das Gelände war so groß wie ein kleiner Stadtteil. Seit der Gründung 1951 war es die erste Anlaufstelle für Einwanderer aus über hundert Ländern. Sie konnten hier Unterkunft, Sprachkurse und Beratung in Anspruch nehmen. Letztes Jahr kamen jedoch nur noch knapp 1000 Personen nach Unna-Massen, während es früher teilweise über 20.000 pro Jahr waren. Jetzt sollen die Kommunen den Job übernehmen, wenn Neuankömmlinge an Deutschlands Tür klopfen. Das Kompetenzzentrum für Integration, das früher auch hier angesiedelt war, ist schon vor einer Woche umgezogen und jetzt in der Bezirksregierung Arnsberg zuhause.

Mein Zuhause bleibt indes mein Migrationsweg...

Zum Foto oben: Der Aussiedlerbeauftragte Dr. Christoph Bergner im Gespräch mit Bürgern, die Fragen haben. Ich nutzte diese Gelegenheit neulich auf der Jarmarka in Bad Salzuflen auch und fragte nach der Meinung zu meiner MSO-OWL-Gründungsinitiative. Skepsis und Zurückhaltung war die Antwort... Ich bin gespannt, wie die vielen Russlanddeutschen sich in Zukunft selbst sehen oder organisieren wollen. Ich tippe mal: Einige werden "normal deutsch" werden wollen und dann irgendwann in der Mehrheitsgesellschaft verschwinden. Ein zweiter Teil wird sich mit russlanddeutschen Gruppen (wie etwa mit der Landsmannschaft, aber nicht mit diesem Namen) identifizieren. Ein dritter Teil wird immer mehr die Parallelen und die gesellschaftliche Schicksalsgemeinschaft mit anderen Migrantengruppen spüren und pflegen. Ich glaube, mir sind alle drei Versionen recht ;-)

Montag, 1. Juni 2009

Russischer Jahrmarkt in OWL




Jedes Jahr einmal verwandelt sich ein Teil der Messehallen in Bad Salzuflen in eine russischsprachige Zone: Russkaja Jarmarka. Diesmal waren auch hochkarätige Politiker wie z.B. der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung Dr. Christoph Bergner oder der Europapolitiker Elmar Brok auf der Bühne - von CDU-Mann und Integrationsaktivist Heinrich Zertik vermittelt und vorgestellt. Aber Politik spielt hier auf der Bühne und auch sonst auf dem riesigen Messegelände eigentlich kaum eine Rolle - und wenn, dann mit rechtem Übergewicht ;-) Hier wird geredet, Musik gehört, getrunken, gegessen, gekauft, verkauft und jede Menge Werbung gemacht - von russischsprachigen Unternehmen oder Vereinen und Organisationen, die in irgendeiner Weise etwas mit Russland, Russisch oder Russlanddeutschen zu tun haben (wollen). Insgesamt eine bunte und laute Sache mit Schaschlik, Spaß und einem bizarren Gemisch aus viel Russland und ein bisschen Deutschland.

Besonders begeistert war ich von Надежда Бабкина и гр. "Русская песня" :-)

Doch noch ein bisschen Politik: Sowohl Bergner als auch Shurawski äußersten sich postiv und erwartungsvoll in Bezug auf die neueren Entwicklungen im Rahmen der Deutsch-Russischen Regierungskommission. Siehe dazu:
- 13. Sitzung der Deutsch-Russischen Regierungskommission für Angelegenheiten der Russlanddeutschen tagte in Belokuricha/Altai oder
- Россия и Германия приветствуют создание МКС oder
- Protokoll der dritten Sitzung der deutsch-russischen Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der 14. Sitzung der Deutsch-Russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen

Saadi Isakov (Foto links) ist der Begründer und Geschäftsführer von Russkaja Jarmarka und Herausgeber der Zeitschrift Nascha Marka.

Zum Foto mit den Personen/Politikern auf der Bühne, v.l.n.r.: Saadi Isakov, Heinrich Zertik, Elmar Brok (spricht gerade), Karl Dittmar, Dr. Christoph Bergner, Dr. Alexander Schumacher (dolmetscht gerade), Alexander Wladimirowitsch Shurawski (Leiter der Abteilung für interethnische Beziehungen im Ministerium für Regionalentwicklung der Russischen Föderation)

Die Fotos sind vom 30. Mai 2009 in Bad Salzuflen. Copyright beim Autor.